Interview Dirk Gieschen

„Gehen Sie in die Offensive – warum Landwirte Öffentlichkeitsarbeit betreiben sollten“

Ein Interview der Oldenburger Journalistin Ann-Kathrin Marr mit dem PR-Spezialisten Dirk Gieschen, Tarmstedt

Warum sollen Landwirte überhaupt Öffentlichkeitsarbeit betreiben?

Gieschen: Ein moderner landwirtschaftlicher Betrieb ist ein Unternehmen – und so sollte er sich auch präsentieren. Wer sich versteckt, erweckt den Anschein, etwas zu verbergen. Ein gutes Bild in der Öffentlichkeit bringt klare Pluspunkte für die Beziehungen zu Nachbarn, Kunden, Lieferanten und Banken. Immer mehr Betriebe haben außerdem nicht nur Auszubildende, sondern auch zumindest Saisonkräfte oder gar feste Mitarbeiter. Mitarbeiter finden und binden ist einfacher, wenn das Unternehmen – also der Hof – ein positives Image ausstrahlt. Das geht über Öffentlichkeitsarbeit.

Gibt es Basis-Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, die Ihrer Meinung nach jeder Landwirt anwenden sollte?

Gieschen: Ja. Ein Hofschild, ein vernünftiger Briefbogen sowie eine vollständige E-Mail-Signatur mit allen wichtigen Angaben gehören dazu. Für alle größeren Betriebe, insbesondere mit größeren Viehbeständen sowie für alle Direktvermarkter gehört die eigene Homepage künftig zum Standard – aber viele Betriebsleiter sehen das noch nicht so. Hier gibt es erheblichen Handlungsbedarf.

Für welche landwirtschaftlichen Betriebe ist Öffentlichkeitsarbeit besonders wichtig?

Gieschen: Besonders für zwei Gruppen: Zunächst einmal für alle Landwirte, die direkt Kunden ansprechen, also alle Direktvermarkter, Hofcafé-Betreiber und Bauernhofurlaub-Anbieter. Hier hilft Öffentlichkeitsarbeit, den Hof zu profilieren, also quasi eine eigene, wenn auch kleine Marke aufzubauen.

Die zweite Gruppe sind alle die Betriebe, die bereits in großen Einheiten wirtschaften oder die größere Neubauten planen. Die Stimmung ist heute vielfach so, dass größere Betriebe gern von Gegner der modernen Landwirtschaft als Zielscheibe für Aktionen genutzt werden. Ein neuer Stall oder eine neue Biogasanlage wird oft als vermeintliches Gefahrenobjekt hingestellt. Hier gilt es, zu informieren, Vertrauen aufzubauen und so Verständnis zu erzeugen.

Haben Sie noch einen „heißen Tipp“ für Landwirte, wenn es um die professionelle Kommunikation geht?

Gieschen: Gehen Sie in die Offensive: Arbeiten Sie nicht hinter völlig verschlossenen Türen. Je höher die Mauer, die Sie um sich herum errichten, desto größer wird das Misstrauen und möglicherweise auch die Angriffslust von Gruppen, die nach derartigen Zielen suchen.

Wenn jemand, sei es die Presse oder eine Besuchergruppe, auf den Hof kommt, dann bereiten Sie sich solide vor, machen Sie Ihre Hausaufgaben. Ein übersichtlicher Betriebsspiegel ist eine gute Vorbereitung. Führen Sie ein Interview mit sich selbst: Überlegen Sie sich, welche Fragen Laien-Besucher und Journalisten typischerweise stellen würden – und formulieren Sie eine Antwort hierauf. Dann gehen Sie viel ruhiger und gut vorbereitet in das Gespräch.

Die Fragen stellte Ann-Kathrin Marr, Oldenburg, www.marr-text.de.
Die Antworten wurden im Bericht „Offene Türen schaffen Vertrauen“ im Newsletter VR Agrar Nummer 11 / November 2013 zitiert.